
Lange wurde vermutet, dass sich die Europäische Zentralbank mehr um die Interessen der Banken kümmert als um die Anliegen der Bürger. Hohe Inflationsraten gefährden Menschen, und hohe Zinsen überraschen Finanzmanager. Das jüngste Zinsziel soll die Dinge verlangsamen, aber es wird viele Jahre dauern, bis die Inflation wieder auf das Zielniveau zurückkehrt. Unterdessen machen Banken in Europa viel Geld mit Zinsschwankungen. „Die EZB wird dieses Jahr 92 Milliarden Euro an Kreditinstitute zahlen“, schreibt der Wissenschaftler Paul De Grauwe in einem Artikel für das Centre for Economic Policy Research (CEPR). Dieses Geld entgeht dem Staatshaushalt, aus dem die EZB alljährlich ihre Gewinne ausschüttet. “Diese Leistungen gehören der Öffentlichkeit und sollten von der Regierung bezahlt werden.” Banken verlangen keine „Subventionen“ von Investoren.
Warum nicht? Banken aus demselben Fonds sparen ihr Geld im Wert von rund 4,6 Milliarden Euro auf ihren Konten bei der Zentralbank. Dafür verlangen sie derzeit zwei Prozent Zinsen. Dies ist die sogenannte Bareinlage, die viele Jahre nicht gut ist. In diesem Zeitraum werden Kreditinstitute „Strafen“ an die Zentralbank überweisen – für deutsche Banken sind das nach Angaben von Barkow Consulting in den Jahren 2016 bis 2021 15,8 Milliarden Euro. Jetzt sei es umgekehrt: Da die EZB den Leitzins inflationsbedingt noch weiter anheben könne, könne der Wert der Kreditinstitute noch höher ausfallen, sagte der Ökonom laut der London School of Economics.
Banken profitieren immer von der Geldpolitik: Zuletzt erhielten sie – auch aufgrund der aktuell hohen Zinsen – mehr risikofreie Mittel in Milliardenhöhe aufgrund des großen Programms von Krediten, die stark von der Covid-Krise profitieren, bekannt unter der Abkürzung TLTRO 3. Erst spät und nach viel Kritik aus Fachkreisen stoppte die EZB diesen Sturm.
Für Bürgerinnen und Bürger sind solche Bankhilfen auch in den schwierigen Wirtschaftsjahren ab 2014 nach langer Zeit der Angst immer schwer nachvollziehbar. Die Idee des „Helikoptergeldes“ für Bürgerinnen und Bürger entging damals den Entscheidungsträgern bei der Notenbank stets. Der frühere Vorsitzende der US-Notenbank, Ben Bernanke, verwendete einmal die Metapher des Helikoptergeldes, die dem Ökonomen Milton Friedman zugeschrieben wird. Der Theorie zufolge muss die Zentralbank unter deflationären Bedingungen – bildlich gesprochen – per Helikopter Dollarscheine für Verbraucher im ganzen Land freigeben. Konkret gab es vor einigen Jahren einen Vorschlag, dass die EZB jedem Erwachsenen 500 Euro geben solle, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Aber daraus wurde nichts.
Die Kreditabteilung verdient gutes Geld, und in einigen Fällen besteht kein Risiko
Auf der anderen Seite erleben Banken jetzt auch hohe Inflationsniveaus, wobei die EZB die Zinssätze deutlich anhebt, um den Inflationsdruck zu verringern. Die Zentralbank hat im vergangenen Jahr die Zinsen viermal angehoben. Hohe Zinsen reduzieren Investitionen und Nachfrage. In der Folge dürfte die Inflation wieder sinken. Allerdings dauert es in der Regel ein Jahr, bis der Vermögenszuwachs den gewünschten Effekt erzielt. Das Leiden der Bürgerinnen und Bürger wird also weitergehen, während die Kreditinstitute gutes Geld verdienen, und das teilweise ohne Risiko.
Der Gelehrte De Grauwe argumentiert, dass Banken kein Recht haben, diese “Subventionen” aus den Einlagenzinsen zu erhalten. Schließlich handelt es sich um Augeneinlagen, die jederzeit unverzinst zur Verfügung stehen. Schließlich erhalten Privatkunden auf ihrem Girokonto bei ihrer Bank keine Zinsen. Es gibt keinen Grund, warum die EZB etwas anderes machen sollte als die Banken. Generell akzeptierte die Bundesbank laut De Grauwe das Konzept der Einlagenverzinsung – andere europäische Zentralbanken hätten dies vor dem Beitritt zur Währungsunion nicht angeboten.
Der Verschuldungsgrad des europäischen Bankensektors ist in den letzten Jahren so weit gestiegen, dass die EZB während Draghis Amtszeit Milliarden von Staatsanleihen von Unternehmen kaufte. Ein Beispiel: Die Zentralbank hält deutsche Staatsanleihen im Wert von 900 Milliarden Euro – das ist fast die Hälfte aller deutschen Staatsschulden.
Eine Bank kann ihr Risiko reduzieren, indem sie diese Anleihen auf Rechnung der EZB verkauft, indem sie beispielsweise mehr Kredit bereitstellt oder Wertpapiere kauft. Aber solange man einen risikolosen Zinssatz von 2 Prozent bekommt, ist der Druck dazu schwach. Die wichtige Frage ist: Ist das wirklich ein Rettungspaket der EZB?
Es heißt, die EZB sei nicht da, um den Bürgern zu nützen
„Ich halte den Begriff „Schuldenerlass“ wirklich für eine Fehlbezeichnung. Die EZB hat Staatsanleihen von den Banken gekauft. Wer von beiden damit Geld verdient oder verloren hat, hängt vom System ab. Geldpolitik der EZB, die Banken nicht beeinflussen können. ” sagte Dirk Schumacher, Chefökonom der französischen Investmentbank Natixis. „Am Anfang des quantitative Lockerung, also große Anleihenkäufe, bei niedrigen Zinsen, alles sehr teuer für Banken, da sie Negativzinsen in sehr großem Umfang weitergeben können. Jetzt hat sich alles geändert.”
Im wissenschaftlichen Umfeld kursiert die Idee zur Abschaffung des Pfandzinses – mit der Umsetzung ist jetzt nicht zu rechnen. Weder die EZB, die Bundesbank noch die deutschen Banken wollten sich zu den Plänen von De Grauwe äußern. Laut Notenbankkreisen würde eine Abschaffung des Einlagensatzes wichtige Steuerungsinstrumente der EZB untergraben. Außerdem ist die EZB nicht da, um den Bürgern zu nützen. Stattdessen sorgen sie für stabile Preise: Doch leider gibt es Probleme.